Tikkun Olam – Der Beitrag jüdischer Frauen für eine bessere Welt
6. Internationale Bet Debora Tagung europäischer Rabbinerinnen, Kantorinnen, rabbinisch gelehrter und interessierter Jüdinnen und Juden
12.-15. Februar 2013, Wien
Welchen Beitrag leisten jüdische Frauen zu Tikkun Olam – für eine bessere Welt? Diese Frage bewegte die mehr als 150 Teilnehmerinnen (darunter auch einige Männer) der 6. Internationalen Bet Debora Tagung europäischer Rabbinerinnen, Kantorinnen, rabbinisch gelehrter und interessierter Jüdinnen und Juden. Nach Konferenzen in Berlin, Budapest und Sofia fand das Treffen des jüdisch-feministischen Netzwerkes Bet Debora dieses Mal in Wien statt. Das Echo auf den Call for Papers, den die Organisatorinnen der Tagung, Eleonore Lappin-Eppel (Wien), Lara Dämmig (Berlin) und Sandra Lustig (Hamburg), vor einem halben Jahr verschickten, war überwältigend. Mehr als 50 Frauen aus vielen Ländern Europas, aus Israel und Nordamerika – die jüngste war 22, die älteste 95 Jahre alt – gestalteten das Programm, das von vielfältigen Formen der Auseinandersetzung mit der Fragestellung zeugte. In Workshops, Podiumsdiskussionen, Filmen, Kunstwerken, Schiurim und Vorträgen kamen verschiede Aspekte des Themas zur Sprache: Rabbinerinnen diskutierten über ihre Rolle in der heutigen Gesellschaft, Vertreterinnen jüdischer Frauenorganisationen tauschten sich über Erfolge und Perspektiven ihrer Arbeit aus, die gleichberechtigte Partizipation von Frauen in den Gemeinden war ebenso ein Thema wie deren Stellung im jüdischen Recht; Referentinnen aus Polen, Ungarn, der Ukraine, Russland und Deutschland berichteten von ihrer Arbeit vor Ort. Beeindruckend war die Vielfalt der bei Tagung vorgestellten Sozialprojekte jüdischer Frauen, die von der Arbeit mit gefährdeten Jugendlichen bis zur Integration von Behinderten in jüdische Gemeinden reichen. Bereits bei der Eröffnungsdiskussion stellte Rabbinerin Irit Shillor fest, dass die junge Generation von Jüdinnen und Juden häufig über soziales Engagement den Zugang zum Judentum findet.
Die Tagung bot auch die einmalige Gelegenheit, sich mit dem Wirken jüdischer Wienerinnen bekannt zu machen: Beeindruckend die Lebensgeschichte von Renée Wiener, die in einer orthodoxen Familie aufwuchs und in Frankreich im jüdischen Widerstand aktiv war. Ihre Autobiografie „Von Anfang an Rebellin“ (Picus Verlag, Wien 2012) wurde im Rahmen der Tagung vorgestellt. Sechs hochbetagte Zeitzeuginnen, in Wien geboren und heute sowohl dort als auch in New York und Jerusalem lebend, schilderten eindrucksvoll, wie sie nach der Schoa im beruflichen Leben, in der Familie und in der Politik einen Beitrag zu einer besseren Welt leisteten. Sechs junge Frauen, die auch die ethnische und kulturelle Vielfalt der heutigen Wiener jüdischen Gemeinde repräsentieren, diskutierten über ihr Selbstverständnis als moderne jüdische Frauen.
Den Organisatorinnen, unterstützt von Sandra Goldstein (Wien), ist es gelungen, eine Tagung auszurichten, die ein wichtiges Forum der Begegnung und des Gedankenaustauschs zwischen aktiven jüdischen Frauen aus Gemeinden, Universitäten und Initiativen aus allen Teilen Europas geboten hat. Für die Zukunft hat sich Bet Debora viel vorgenommen. Die Arbeit soll professionalisiert werden und die Konferenzen wieder im Zweijahresrhythmus stattfinden. Am wichtigsten ist es aber, mehr junge Frauen für die Ziele von Bet Debora zu interessieren und den Dialog der Generationen zu intensivieren.
Die Tagungsdokumentation ist 2014 erscheinen.