9. Internationale Bet Debora Tagung jüdischer Aktivistinnen, Adademikerinnen, Künstlerinnen, Rabbinerinnen und Kantorinnen vom 13. bis 15. September 2019 in Belgrad (Serbien)
Jewish Women: Being Present, Bringing Change
1989, vor dreißig Jahren, zerfiel der Eiserne Vorhang, die sozialistischen Systeme brachen zusammen, und es entstanden neue demokratische Länder – eine Entwicklung, die auch wichtige Impulse für die Entfaltung jüdischen Lebens gab. Die jüdischen Gemeinschaften in diesen Ländern waren durch die Schoah dezimiert und in unterschiedlicher Weise Einschränkungen oder gar Repressionen ausgesetzt gewesen. Jetzt wuchs das Interesse an jüdischer Geschichte, Kultur und Tradition, auch von nichtjüdischer Seite. Jüdische Orte wurden wieder sichtbar und in Besitz genommen. Junge Jüdinnen und Juden entdeckten ihre Wurzeln, beschäftigten sich mit ihrer Familiengeschichte, der jüdischen Geschichte ihrer Stadt, ihres Landes. Es bildete sich ein Pluralismus jüdischer Identitäten, der sich in den Aktivitäten von neu entstandenen Gruppen, Institutionen und Gemeinden widerspiegelte. Die Wiederentdeckung des eigenen Erbes wie auch die Begegnung mit Jüdinnen und Juden aus anderen Ländern und Kulturen und deren Ausdrucksformen jüdischer Identität, nicht zuletzt auch das Wirken vieler international tätiger jüdischer Organisationen in diesen Ländern, hat diese Entwicklungen geprägt. Getragen wurde dieses Engagement für die Erneuerung jüdischen Lebens in großem Maße von Frauen. Fragen nach der Rolle von Frauen im jüdischen Leben, der Gleichberechtigung der Geschlechter in der Synagoge und Gemeinde, dem jüdischen Frauenerbes spielten zunehmend eine wichtige Rolle.
Diese Aufbruchstimmung in den 1990er Jahren griffen die Organisatorinnen der ersten Bet Debora Tagung europäischer Rabbinerinnen, Kantorinnen, rabbinisch gelehrter und interessierter Jüdinnen und Juden auf, der ersten Zusammenkunft dieser Art in Europa, die vor zwanzig Jahren im Mai 1999 in Berlin stattfand. In der Einladung hieß es damals:
Frauen stehen gleichberechtigt mit Männern auf der Bima. In diesem Jahrzehnt hat eine faszinierende Entwicklung im europäischen jüdischen Leben stattgefunden. Zunehmend üben Frauen wichtige Kultusfunktionen aus. Schon jetzt amtieren Rabbinerinnen in Städten wie London, Paris und Oldenburg, genauso wie in Moskau, Minsk und Budapest. Was bedeutet dies für die jüdische Tradition und Überlieferung? Wie verschieben sich ihre Inhalte, welche Themen treten in den Vordergrund, welche neuen Herausforderungen stellen sich?
Zwanzig Jahre später, drei Jahrzehnte nach der Öffnung des Eisernen Vorhangs, wollen wir uns diesen Fragen wieder stellen und uns über das Erreichte und die Herausforderungen der Gegenwart, in der demokratische Werte zur Disposition stehen, austauschen. Folgende Themenkomplexe sind geplant:
- Neue Frauenperspektiven auf die jüdische Tradition
- Politisches Engagement in der Zivilgesellschaft für andere Minderheiten, gegen Antisemitismus, Antiziganismus, Rassismus, Islamfeindlichkeit, Homophobie und Misogynie
- Moderne jüdische Bildung für Kinder, Jugendliche und Erwachsene
- Transnationale Perspektiven auf die Kultur des Erinnerns an den Holocaust
- Jüdische Frauen in Jugoslawien bzw. den Ländern Ex-Jugoslawiens im Laufe der Geschichte, ihr Engagement für die Erneuerung jüdischen Lebens über Ländergrenzen hinweg und für den Dialog mit anderen Minderheiten
Wir möchten uns aus jüdischer Frauenperspektive mit verschiedenen Aspekten dieser Themen im Rahmen von Vorträgen, Workshops, Gesprächsrunden und Ausstellungen auseinandersetzen. Dabei legen wir großen Wert auf interaktive Formate. Als Referentinnen möchten wir jüdische Frauen aus Kunst, Kultur und Wissenschaft gewinnen, Rabbinerinnen, Vertreterinnen jüdischer Bildungseinrichtungen, Gemeinden und Organisationen.
Darüber hinaus bietet die Tagung die einmalige Möglichkeit, jüdisches Leben in Belgrad kennenzulernen. Belgrad ist eine der ältesten Städte Europas. Dieses Kleinod des Balkans liegt an der Mündung der Save in die Donau und bezaubert mit seinen historischen Sehenswürdigkeiten aus verschiedenen Epochen. Die Stadt, die niemals schläft, blickt auf eine lange Geschichte zurück. Römische, osmanische, österreichisch-ungarische und sozialistische Einflüsse prägen die Kultur. Auch die jüdische Gemeinde ist vielfältig: Ihr gehören aschkenasische und sefardische Jüdinnen und Juden an, die gemeinsam in der Synagoge im Stadtzentrum, die auch eine koschere Küche beherbergt, beten.
Conference language: English
Die Tagung wird gemeinsam von Haver Srbija und Bet Debora organisiert.